Turbo mit Handbremse

Eine neue Kaufprämie soll den Durchbruch für Elektroautos bringen. Sie wird nicht ausreichen.
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Illustration: Wyn Tiedmers
Mirko Heinemann Redaktion

Frankreich tut es, Großbritannien auch. China tut es schon lange. Die Rede ist von Kaufprämien für elektrisch betriebene Fahrzeuge. Lange hat sich die Bundesregierung geweigert, den Turbo für den stotternden E-Mobile-Markt zuzuschalten. Dass eine Kaufprämie der richtige Weg sein würde, um den Absatz abgasfreier Fahrzeuge anzuschieben, konnte man im Ausland bereits beobachten.

 

Bis zu 10.000 Euro können Käufer eines E-Autos im Nachbarland Frankreich dazu bekommen, Briten erhalten bis zu 11.000 Euro und Chinesen können sogar bis zu 17.000 Euro an Zuschüssen kassieren – plus begehrte Zufahrtsgenehmigung für das Stadtgebiet von Peking. Der Lohn allerorten: nicht überwältigende, aber ansteigende Zulassungszahlen von E-Autos. 

 

Von solchen Beträgen können die Deutschen nur träumen. Immerhin: 4000 Euro für ein elektrisches, 3000 Euro für ein Hybrid-Auto können Käufer ab sofort als Zuschuss beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) beantragen. Dazu kommt die Befreiung von der KfZ-Steuer, außerdem Vergünstigungen in den Städten, etwa die Nutzung von Busspuren oder kostenlose Parkplätze in den Innenstädten. Dies müssen die Kommunen allerdings noch beschließen. Da gibt es Hemmnisse: Während in Stuttgart E-Autos schon seit Jahren kostenfrei parken, reagieren andere Großstädte wie Berlin, Hamburg, München ablehnend. Noch fehlt ein einheitlicher rechtlicher Rahmen. 

 

Den großen Durchbruch wird die Kaufprämie alleine nicht bringen. Das Regierungsziel, eine Million E-Autos bis 2020 auf deutschen Straßen, wird höchstwahrscheinlich verfehlt. So lange E-Autos teuer sind – der VW-Kleinwagen Up! kostet als Elektroauto dreimal soviel wie der Basis-Benziner – so lange der Sprit günstig bleibt und so lange keine flächendeckende Lade-Infrastruktur vorhanden ist, werden Stromer eine Ausnahmeerscheinung bleiben. 

 

Zu leiden haben die Stadtbewohner. Ausgerechnet in den Metropolen, die sich derzeit weigern, Impulse für E-Fahrzeuge zu geben, würde mehr E-Mobility auch mehr Lebensqualität bedeuten. Lieferanten, Kleinbetriebe, Handwerker und City-Pendler könnten vom Gratisparken und der Nutzung der Busspuren profitieren. Lärm und Abgase würden reduziert, das Wohnklima verbessert. 

 

Eventuell vermag die neue, blaue Umweltplakette die Situation etwas zu verbessern. Sie soll die Zufahrt in besonders mit Abgasen belastete Stadtviertel erschweren und nur an Autos mit Euro 6-Norm vergeben werden. Viele Dieselfahrzeuge, darunter LKW und Lieferwagen, müssten draußen bleiben. Die Verordnung könnte noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden. 

 

Die Politik kann sich noch so sehr bemühen – die Mobilitätswende wird ausbleiben, wenn die Autoindustrie nicht mitspielt. Die Unternehmen bekunden zwar öffentlich immer wieder ihr Vorhaben, verstärkt in innovative Mobilitätskonzepte zu investieren; die Elektromobilität scheint dazu aber nicht zu gehören. Das Werbebudget für E-Autos „Made in Germany“ haben die Automanager im vergangenen Jahr um vier Fünftel auf 16 Millionen Euro zusammengestrichen, wie die Medienberatung Ebiquiti ermittelte – nur ein karges Hundertfünfzigstel des Gesamtbudgets von rund 2,5 Milliarden Euro. 

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