Mit der App durch die Stadt

Besonders im urbanen Raum ist der Bedarf nach vernetzten Verkehrslösungen groß. Erste Angebote werben bereits um Nutzer.
Roller
Illustration: Wyn Tiedmers
Mirko Heinemann Redaktion

Wohl jeder, der in einer fremden Stadt unterwegs ist, träumt von der Smartphone-App, in die man das Reiseziel eingibt und die dann in Windeseile alle vorhandenen Verkehrsmittel miteinander vergleicht. Die App spuckt dann den schnellsten und kostengünstigsten Weg aus und bucht auf Anforderung alle dafür nötigen Tickets. Die Idee ist naheliegend, die Umsetzung eigentlich kein Hexenwerk – sollte man vermuten. 

 

Die Praxis ist weitaus komplexer. Die Vernetzung von Verkehrsdaten, Forscher sprechen von „integrierter Mobilität“, steckt immer noch in den Kinderschuhen. Mobile Datenverbindungen sind noch nicht überall schnell und stabil. Mit der Zusammenarbeit der Betreiber von öffentlichen und privaten Verkehrsmitteln hapert es. Und die Vernetzung der Dinge hat gerade erst begonnen. Dabei gilt die effiziente Vernetzung aller Verkehrsträger, vom Fußweg über das Fahrrad, Car- und Bike-Sharing, Mitfahrzentralen, den ÖPNV bis hin zum eigenen PKW, als wichtiger Schlüssel zur Energiewende in den Städten. Einige Mobilitäts-Apps werben bereits um Nutzer (siehe rechte Seite). Doch der Dreiklang der wichtigsten – Ally, Moovel, Qixxit – mündet in einen anderen, der zeigt, wo noch Probleme liegen: Konkurrenz, Kosten, Kompatibilität. 

 

Konkurrenz gibt es vor allem um die Daten. Zwar sind Fahrpläne von Bussen und Bahnen für jedermann einsehbar, doch was nützt es dem Anwender, wenn der Bus ausfällt oder auf der U-Bahn-Strecke gebaut wird? Und was ist mit Staus oder Wettereinflüssen? „Echtzeitdaten“ heißt das Zauberwort, doch die liegen von den allerwenigsten Anbietern vor. Am besten vernetzt sind die Anbieter von urbanen Car-Sharing-Lösungen wie Drive Now und Car2Go, sind doch ihre Fahrzeuge mit GPS und mobilem Internet ausgestattet und liefern auf diese Weise aktuelle Daten über Standort und Verfügungsmöglichkeiten. 

 

Der größte deutsche Fahrradverleih, „Call a Bike“ der Deutschen Bahn, hat ebenfalls viele seiner Bikes mit GPS und mobilem Internet ausgestattet. In ausgewählten Städten können Fahrräder wie bei den obigen Car-Sharing Betreibern überall im Stadtgebiet abgestellt werden. Ihr Standort wird auf einem digitalen Stadtplan auf dem Smartphone angezeigt. An solche Daten müssen Entwickler von integrierten Mobilitätslösungen herankommen. „Offene Daten sind ein wichtiger Teil der Mobilität der Zukunft“, ließ folgerichtig Ally-CEO Tom Kirschbaum twittern.  

 

Das klingt gut, ist jedoch eine zweischneidige Sache. Der Wert von Daten ist auch den Mobilitätsanbietern bekannt, sie wachen eifersüchtig über diesen Pool und kooperieren nur mit ausgewählten Partnern. Der Zugang zu Verkehrsdaten wird zur Kostenfrage. Dazu kommt: Auch die Privatsphäre der Kunden muss gewahrt bleiben. Wenn jeder per Mausklick sehen kann, auf welcher Straße der Kollege oder Ehepartner mit dem gemieteten Fahrzeug soeben mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs ist, wird Datenschutz zur Farce. 

 

Dann stellt sich die Frage der Kompatibilität. Auch hier kocht jeder sein eigenes Süppchen. Um etwa übergreifende Ticketshops zu entwickeln, muss eine Vielzahl von Systemen integriert werden. Deren Digitalisierung steckt oft selbst noch in den Kinderschuhen. Jeder nutzt eine andere Plattform, andere Bezahlmodalitäten, andere Ticketformen. Die nächste Herausforderung wäre der Sprung aus der urbanen Nische hin zum ländlichen Raum. Hier gibt es erste Ideen, aber bislang keine überzeugenden Konzepte. Der Anfang ist gemacht, bis zu einer wirklich „integrierten Mobilität“ sind aber noch viele Hürden zu nehmen. 

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